Menschen mit Behinderung in Zeiten der Pandemie – Abgeordnete fragt nach

Der Alltag behinderter  Menschen in Zeiten der Pandemie wurde komplett aus den Angeln gerissen und traf sie in voller Härte. Das Wegbrechen der enorm wichtigen Tagesstruktur von heute auf morgen und die soziale Isolation haben Spuren hinterlassen, hinzukommen auch finanzielle Probleme. „Durch die Politik wurde nicht alles passgenau auf den Weg gebracht. Gerade behinderte Menschen hatten manchmal den Eindruck vergessen worden zu sein“, so die Abgeordnete. Jetzt gilt es Schwachstellen herauszufinden und aufzuarbeiten.

Auf Grund dessen war es der behindertenpolitischen Sprecherin der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag ein dringendes Bedürfnis sich vor Ort ein Bild zu machen. Wie hat sich die Pandemie auf die Beschäftigten ausgewirkt, was war gut, was bedarf dringender Verbesserung?

Gemeinsam mit dem Werkstattleiter, Steffen Breitung, und der Leiterin der Reha-Werkstatt sowie Monika Orendt (Beleitender Dienst) und den Beschäftigten Andreas, Stefan, Gabi, Wolfgang, Jörg und Anja kam die Abgeordnete in ein sehr konstruktives Gespräch. Ein Hauptproblem für alle war die unzureichende Informationspolitik der Landesregierung. Träger und Leitung in den Werkstätten für angepasste Arbeit erfuhren Änderungen erst durch die Presse, ohne die entsprechenden Verordnungen zu kennen. Eine Vorbereitungszeit für die Umsetzung der Verordnungen war so gut wie nicht vorhanden. Die Verunsicherung und Angst bei den Behinderten, ihren Angehörigen und Betreuern war immens. Zur Angst vor dem Virus kam die Umstellung von heute auf morgen von einem geregeltem Tagesrhythmus zum Nichtstun – zur Isolation. Das stellte natürlich auch die Angehörigen der behinderten Menschen vor enorme Herausforderungen bis hin zur Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.

Die Behinderten selbst gingen je nach ihrem Lebensumfeld sehr unterschiedlich mit der Situation um und berichteten der Abgeordneten davon. „Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich – von Verzweiflung bis Gelassenheit war alles dabei“, so Frau Buenger. Der eine konnte sich verstärkt seinem Musikhobby widmen, ein anderer seinen Brüdern zur Hand gehen. Einig waren sich aber alle, dass ihnen der Alltag in der Werkstatt spätestens ab der dritten Woche sehr gefehlt hat. Wohin mit der ganzen Zeit? Wolfgang sagte: „Die Arbeit ist für mich alles, das hier ist mein Reich!“ Für den Oberpfälzer  ist eine kleine Welt zusammengebrochen. Aber von Hängenlassen ist keine Rede und die Freude riesengroß, im Notbetreuungsprogramm der WEFA aufgenommen worden zu sein und endlich wieder loslegen zu können. Doch auch die Betreuer hielten in dieser schweren Zeit Kontakt und kümmerten sich sehr gut. So wurden mit sehr viel Sorgfalt individuell für Jeden Bildungspakete erarbeitet, übermittelt und telefonisch besprochen. Täglich waren die Mitarbeiter für ihre Beschäftigen da, versuchten Kummer und Ängste zu nehmen und ihnen zusammen mit den Familien Halt zu geben.

Eine Auswahl zu treffen, wer in die Notbetreuung kommt und wer nicht, oblag der Leitung und die Namen wurden den Sozialamt im Landratsamt Sonneberg gemeldet. Mittlerweile wurde ein Hygienekonzept beim zuständigen Gesundheitsamt eingereicht  und nach der Genehmigung in der Werkstatt umgesetzt. Unter Ausnutzung sämtlicher räumlicher Kapazitäten können nun nahezu alle Beschäftigten wieder ihrer so wichtigen Arbeit in der Wefa nachgehen. Das tägliche Fiebermessen zu Arbeitsbeginn und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung werden dabei selbstredend in Kauf genommen. Das Essen wird in drei Gruppen zu je 16 Behinderten mit Betreuern unter Einhaltung der Abstandsregeln eingenommen. Eine Gruppe kommt sogar in den Genuss im Freien unter einem eigens dafür aufgestellten Pavillon ihr Mittagessen einzunehmen. Natürlich spielt hierbei die momentane sommerliche Witterung eine große Rolle. Sollte eine zweite Viruswelle in den Herbst- und Wintermonaten über unser Land hereinbrechen, wäre diese Option hinfällig.

Aber auch der finanzielle Aspekt bereitet allen Kopfschmerzen. Weil behinderte Menschen nicht arbeitslosenversichert sind, besteht auch kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Und selbst wenn behinderte Menschen mit dem Budget für Arbeit den Wechsel in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis geschafft haben und ein auskömmliches Einkommen haben, erhalten sie kein Kurzarbeitergeld. Hier besteht auf Bundesebene dringend Nachholbedarf. Auch die Grundsicherung  fängt das entstandene finanzielle Defizit durch die Corona-Krise nicht auf. Sie bleibt trotz sinkendem Freibetrag  gleich.

Weiterhin drohten dringend benötigte Aufträge für die Behindertenwerkstätten wegzubrechen. Schließlich gibt es Aufträge aus der Wirtschaft zu erfüllen. Die Einnahmen, auf die die Werkstätten so angewiesen sind, fehlen und reißen große Löcher in die Kassen.

Die Angestellten der Wefa selbst mussten in Kurzarbeit. Auch der kürzlich verfasste offene Brief der Mitarbeitervertretung der Werkstätten für angepasste Arbeit an die Mitglieder des Sonneberger Kreistages wurde nochmals thematisiert. Entgegen der Empfehlung von Thüringens Sozialministerin Heike Werner, die Vergütung in den Werkstätten zu hundert Prozent weiter zufinanzieren, entschied sich der Landkreis Sonneberg für die Kurzarbeiterlösung.

„Ich wünsche mir für die Beschäftigten der Werkstatt für angepasste Arbeit eine geordnete und zufriedenstellende Rückkehr ins Arbeitsleben, in ihre so dringend benötigte Tagestruktur. Gleichzeitig möchte ich mich herzlichst für die aufopferungsvolle Arbeit der Mitarbeiter hier bedanken“, so die Abgeordnete.

15.07.2020

Menschen mit Behinderung in Zeiten der Pandemie – Abgeordnete fragt nach